Bericht im Schwarzwälder Bote:
Liebe Frau Spitz,
vielen Dank für Ihren Selbstversuch. Vielen Dank dafür, dass Sie es ausprobiert haben: Fußweg – Bus – Bahn – Bus – Fußweg, das war eine Herausforderung. Sie haben die Besonderheiten Ihrer Fahrt ehrlich geschildert, sind in einem 700-Seelen-Ort gestartet und wollten pünktlich, aber nicht zu pünktlich bei der Arbeit sein, leben in einer Familie, in der Zeit immer knapp ist. Ihr Fazit haben Sie auf sechs Kriterien reduziert. Das ist plakativ, aber hier möchte ich meine erste Kritik anbringen: Wo ist das Kriterium des CO2-Ausstoßes geblieben? Nach www.quarks.de verursachen Sie für 48 km Wegstrecke (hin und zurück) mit dem Benziner-Pkw sage und schreibe 9,6 kg CO2-Ausstoß, mit dem ÖPNV sind es 3,1 kg CO2. Gerechnet auf rund 250 Arbeitstage pro Jahr würden Sie mit dem ÖPNV also pro Jahr 1.625 kg CO2 einsparen, was ungefähr einem Urlaubsflug auf die Kanaren entspricht. Wäre das nicht ein großartiges Gefühl, einen solchen maßgeblichen Beitrag gegen den Klimawandel zu leisten?
Hilfreich wäre außerdem die Darstellung von Alternativen gewesen, denn das Zauberwort für den Ländlichen Raum heißt „vernetzte Mobilität“ oder auch Intermodalität. Wie wäre es zum Beispiel, wenn Sie von Neudingen nach Donaueschingen mit dem Pedelec fahren würden, 10 km sind mit dem E-Bike in 20 min zu schaffen, Naturgenuss, Entspannung und Bewegung inklusive, außerdem mehr Auswahl an Bahn-Anschlüssen nach Villingen.
Alles in allem schade, dass Ihr Selbstversuch in dieser Überschrift gemündet ist: „Per ÖPNV zur Arbeit? Auch nicht für 9 Euro“. Sie wissen um die Macht der Schlagzeilen und Botschaften. Schade, dass Sie die Gelegenheit nicht positiv genutzt haben. Es wäre ein Leichtes gewesen andere Beispiele von hoch zufriedenen Pendlerinnen anzuführen, die zum Beispiel auch eine Freude daran haben ihr modernes und kinderleicht zu bedienendes Klappfahrrad in Bus und Bahn mitzunehmen. Was uns in der Region noch fehlt, ist eine App über die diese Intermodalität, also die Verknüpfung unterschiedlicher Verkehrsmittel innerhalb eines Reisewegs, buchbar ist. Am Bekanntesten hierfür ist „mobility inside“ oder auch „regiomove“ in der Region Mittlerer Oberrhein. Da lässt sich dann auch der E-Roller und das Car-Sharing-Auto in einem Preis, einem Ticket zusammen mit Bus und Bahn buchen.
Zurückzukommen zu meinem Dank an Sie, den ich gerne wiederhole: Danke, dass Sie es versucht haben, denn die Mobilitätswende fängt in unseren Köpfen an: Einfach mal zu Fuß gehen oder mit dem Fahrrad zum Spargelstand fahren, der so Pkw-freundlich an der Tankstelle liegt. Einfach mal ein Monatsticket kaufen und einen Monat lang das Auto stehen lassen. Im neuen Jahr werden Sie dafür mit günstigeren Preisen in einer reformierten ÖPNV-Region Schwarzwald-Baar-Heuberg belohnt.
Ihre
Maren Ott, Bräunlingen